Materialien zum Selbstständigen Arbeiten
Physik Sekundarstufe I - Elektrizitätslehre - Schülerpraktikum 'Auf- und Entladung von Kondensatoren'
 

Die Unterrichtsreihe wurde vom 12.4.2002 bis zum 7.6.2002 während insgesamt 21 Unterrichtsstunden in einem Grundkurs Physik Stufe 12 und vom 9.11.2005 bis zum 11.11.2005 während dreier Projekttage von insgesamt 18 Unterrichtsstunden von zwei Leistungskursen Physik Stufe 12 und 13 durchgeführt.

In der ersten Stunde wurde im Demonstrationsexperiment die grundlegende Schaltung des Versuchs zur Auf- und Entladung eines Kondensators über einen Widerstand rein qualitativ vorgestellt. Die Schüler sollten sich im Anschluss daran zu Zweiergruppen zusammenfinden und erhielten alle die Materialien T1 bis T8 (Theorie; vgl. Arbeitsplan), wobei beide Partner die Materialien T1 bis T4 und T8, der eine die Materialien T5a-T7a (Theorie der Aufladung) und der andere die Materialien T4 und T5b - T7b (Theorie der Entladung) intensiv durcharbeiten sollte, so dass die Schüler im Verlauf der Unterrichtsreihe ihr Wissen austauschen und ergänzen mussten. Anhand eines Arbeitsplans sollten die Schüler mindestens die Pflichtstationen mit den Standardexperimenten E1 – E3 und wenn möglich weitere Zusatzstationen mit ausgefallenen Aufbauten und Auswertungsmethoden bearbeiten. Die weiteren Materialien lagen jeweils bei den Versuchsaufbauten und mussten teilweise in die eigenen Unterlagen übernommen werden.

Den Schülern wurde gesagt, dass im Unterricht die bereitstehenden Experimente verstanden, durchgeführt und die Messwerte aufgenommen werden sollten. Die Ergebnisse sollten zu Hause ausgewertet werden. Am Ende der Reihe sollten die Mappen mit den Arbeitsergebnissen abgegeben, korrigiert und als erheblichen Teil der Quartalsnote in sonstiger Mitarbeit bewertet werden. Die Inhalte der Unterrichtsreihe waren ebenfalls wesentlicher Bestandteil der nachfolgenden Klausur.

Evaluation:

Schülermeinungen:

Den Schülern hat die Unterrichtsreihe durchgehend gut bis sehr gut gefallen. Positiv bewertet wurde die freie Zeiteinteilung und die intensive Auseinandersetzung mit den Versuchen und insbesondere den Geräten. Es wurde die Vielseitigkeit der Versuche genannt, die 'keine Langeweile' aufkommen ließ. Andere Schüler hingegen kritisierten, dass die Unterrichtsreihe zu lang gewesen sei. Einzelne Schüler bezeichneten die Arbeit mit einem Partner positiv.

Negativ bewertet bzw. als zu schwer angesehen wurde der theoretische Teil: "Ich hätte es bevorzugt, die Theorie angelernt zu bekommen...", "Jedoch sollten die Theorie-Blätter vor Beginn der Experimente besprochen werden." Mehrere Schüler stellten - sicherlich nicht grundlos - die Frage, ob "die Thematik auch von jedem genau verstanden wurde." Scheinbar wurde vielen Schülern der Zusammenhang zwischen Theorie und Experiment nicht klar. Es wurde ebenfalls kritisiert, dass nicht genug Kontrolle durch den Lehrer erfolgt sei.

Es wurden weiter zahlreiche Verbesserungsvorschläge zu den Arbeitsblättern und -aufträgen gemacht. Oft wurden diese in Hinblick auf eine genauere Erklärungen, d.h. weniger (!) offene Fragestellungen gemacht.

Lehrermeinung:

Der Aufbau der Experimente, die Suche nach sinnvollen Computerprogrammen und die Erstellung der Materialien erforderte eine Vorbereitungszeit von ca. 90-100 Arbeitsstunden, die Verbesserung der Materialien nach der ersten Durchführung weitere 20 Arbeitsstunden. Weiter mussten zu Beginn jeder Unterrichtsstunde ein großer Teil der Experimente und 3 Notebooks in den Unterrichtsraum gebracht und anschließend wieder zurückgebracht werden, was praktisch jeweils eine große Pause dauerte.

Die Atmosphäre während der Unterrichtsstunden war entspannt, aber konzentriert. Nach dem Ende der Stunde blieben oft Schüler länger im Raum, um Experimente zu beenden. An einigen Tagen kamen Schüler auch am Nachmittag, um freiwillig weiter zu arbeiten. In den Unterrichtsstunden hatte ich Gelegenheit, viele individuelle Schwierigkeiten zu beheben, Aufbauten zu erklären u.ä., was ich selbst als eine sehr angenehme Form des Arbeitens empfinde und die den hohen Aufwand zur Unterrichtsvorbereitung teilweise rechtfertigt. Im Verlauf der Unterrichtsreihe gewannen die Schüler große Sicherheit im Umgang mit den Geräten, insbesondere mit dem Oszilloskop, dem TY-Schreiber und dem computergestützten Messwerterfassungssystem.

Die schriftlichen Ergebnisse sind leider sehr unbefriedigend: Von 22 Schülern gaben 19 ein Arbeitsergebnis ab. Von diesen 19 wiederum hatten sich nur 6 Schüler mit den Theorieteilen überhaupt beschäftigt, 4 Schüler hatten diese dann auch korrekt bearbeitet. Wegen der fehlenden Theorie waren bei den meisten Schülern nur Messergebnisse, aber keine Auswertungen zu finden. Daraus muss geschlossen werden, dass ein Großteil der Schüler keinerlei Hausaufgaben gemacht hat. Dies wird auch durch die Dauer der Unterrichtsreihe (21 Unterrichtsstunden) deutlich: die Schüler mussten in den Unterrichtsstunden oftmals die nichtgemachten Hausaufgaben anfertigen, um mit den Experimenten fortfahren zu können. Die meisten Mappen wurden von den Schülern zu Beginn der Reihe sehr sorgfältig, im Laufe der Zeit dann aber immer nachlässiger geführt.

Während der Unterrichtsreihe wurden leider keine Fragen zu den besagten Theorieteilen gestellt. Um Hilfe wurde ich nur bei Schwierigkeiten mit der Handhabung der Experimente und bei gelegentlichen technischen Problemen gebeten.

Fazit:

Die Vorbereitungszeit für den Lehrer für offene Unterrichtsformen in den Naturwissenschaften ist erheblich, da

  • die Materialien sehr genau vorbereitet werden müssen, um ein planloses Hantieren der Schüler zu verhindern
  • der Aufbau der Experimente und die Beschaffung der Technik viel Zeit erfordert.

Stationenlernen ist eine Unterrichtsform, die

  • die Schüler motiviert
  • leistungsstärkere Schüler fördern kann
  • die Möglichkeit gibt, leistungsschwächere Schüler individuell zu fördern (auch wenn dies von den Schülern scheinbar nicht in Anspruch genommen wird).

Es mussten vielfältige Verbesserungen der Materialien gemacht werden, was geschehen ist.

Die Theorieteile mussten dahin gehend verbessert werden, dass ein stärkerer Bezug zu den Experimenten sichtbar wird, was ebenfalls geschehen ist.

Bei der Auswertung der Experimente muss stärker auf den jeweiligen Theorieteil verwiesen werden; den Schülern muss deutlich gemacht werden, dass eine Auswertung des Experimentes nur nach dem Verständnis der Theorie möglich ist.

Es muss eine regelmäßigere Kontrolle der Schüler, insbesondere der Hausaufgaben erfolgen.

 
 
22.6.2021 Thomas Unkelbach